Reduzierung des Verbrauchs

Aufbau einer nachhaltigen Möbelbranche

Nachhaltige Zukunft: Die Abkehr vom Muster „Herstellung, Verwendung und dann Wegwerfen“ ist entscheidend für die Nachhaltigkeit im Objektmöbelbereich

von Ceri Lovett, Creative Director

 

Die stetige Verbindung zwischen Konsum und Produktion ist der Treibstoff unserer Weltwirtschaft. Wenn wir aber weiterhin verschwenderisch mit unseren Ressourcen umgehen, wird dies folgen auf unsere Umwelt, Gesundheit und Leben haben. Die Vereinten Nationen haben darauf Aufmerksam gemacht, dass die Weltbevölkerung bis 2050 auf 9,6 Milliarden Menschen steigen wird. Wenn wir unser Konsumverhalten nicht ändern, werden wir Ressourcen von drei Planeten benötigen.
 

„In der Welt in der wir leben, hat Jeder Vorteile. Der Preis dafür ist die Verschwendung. Wir haben uns an die Gesellschaft gewöhnt, die verschwenderisch handelt.“

Seine Königliche Hoheit Prinz William, Earthshot Prize 2021, Episode 5: Schaffung einer abfallfreien Welt

  

Bei gewerblich genutzten Möbeln finden Neuausstattungen im Abstand von einigen Jahren statt. Das bedeutet, dass Verbrauch und Verschwendung nicht so sichtbar sind wie z.B. bei der Lebensmittelproduktion oder „Fast Fashion“. Nach Covid richten viele ihre Büros neu ein. Es ist jetzt der ideale Zeitpunkt über den Möbelverbrauch nachzudenken.

Langlebigkeit steht vor Verkäufen

In der Möbelbranche sollten wir uns davon lösen uns auf die Anschaffungskosten zu konzentrieren und uns mehr Gedanken über die Gesamtbetriebskosten machen. Dadurch würde es viel weniger minderwertige Möbel geben, die schnell veralten und leicht kaputt gehen. Diese würden dann auf der Mülldeponie landen, weil sie nicht wiederverwendet oder recycelt werden können. Es entstehen dann zusätzliche Kosten für Verbrauch und Abfallbeseitigung.
Beschaffung von verantwortungsvollen, langlebigen und erneuerbaren Materialien können hier Abhilfe schaffen. Genauso wichtig ist die Verarbeitungsqualität. Durch unsere Investitionen in hochwertige Materialien, beste Fertigung, modernste Technologien und gutes Design können wir Stühle herstellen, die 20 Jahre oder sogar 30 Jahre halten können.
Ästhetik ist ein wichtiger Aspekt, der zu berücksichtigen ist. Einige trendige Designmöbel scheinen jugendlich und dynamisch zu wirken, aber gehen häufig schnell kaputt. Die Herstellung von langjährigen, funktionalen und eleganten Möbeln bedeutet geringere Häufigkeit von Neuausstattungen. Planer, Innenarchitekten und Händler können helfen bei der Auswahl geeigneter Möbel mit Stil, die den Test der Zeit überstehen.
 

„Wir sollten nicht das Modell des 20. Jahrhunderts übernehmen, bei dem es um großen Ressourcenverbrauch und Verkäufe vieler Produkte mit schlechter Qualität geht, damit immer mehr verkauft wird. Stattdessen sollten wir uns im 21. Jahrhundert eher auf Qualität als Quantität, auf Beständigkeit und Langlebigkeit als auf die Anzahl der verkauften Produkte konzentrieren.“

Prof. Dr. Diana Ürge-Vorsatz sprach auf der Expo 2020 in Dubai im Ausschuss für Klimaänderungen

Nutzung unserer Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verlängerung der Produktlebensdauer

Die Aufarbeitung statt Ersetzung von Möbeln ist eine optimale Lösung, um die Möbel aufzufrischen, reparieren und weiter nutzen zu können. So kann man z.B. durch Neupolsterung mit modischen Farben eine neue Raumgestaltung erzielen.
Laut einer Studie über „Kreislaufwirtschaft in der Möbelbranche“ von „FURN 360 Projekt“ und der Europäischen Union stellte man fest, dass im Jahr 2018 80-90% der Büromöbel am Ende ihrer Lebenszeit auf der Mülldeponie landen. Gründe dafür waren u.a. Möbel waren nicht reparierbar und es bestand ein Mangel an Ersatzteilen. Möglichkeiten der Wartung und Reparatur von Möbeln hilft bei der Verlängerung der Produktlebensdauer und Vermeidung von Abfällen.
 Man könnte zunächst annehmen, dass eine längere Möbellebensdauer die Gewinne von Möbelherstellern schmälern. Aber die Hersteller könnten ihr Know-How nutzen und Auffrischung und Erneuerung von Büromöbeln anbieten. Wartung und Instandhaltung könnten zusätzlich angeboten werden.
 

Neuausstattung neu denken

Die Lockdowns haben Unternehmen Zeit gegeben, ihre Arbeitsraumkonzepte zu überdenken und ihre Handlungen bzgl. Umweltschutz und Neuausstattungen eingehender zu prüfen. Dadurch würden weniger Büromöbel auf der Mülldeponie landen.
Aufgrund von ethischen und nachhaltigen Gründen erhielten wir bei Boss Design Kundenanfragen über aufgearbeitete statt neuer Möbel. Große, wie auch kleine Unternehmen ist jetzt bewusst, welche Folgen der unnötige Verbrauch von Büromöbeln auf unserer Erde hat.
Innenarchitekten und Möbelhersteller denken auch an ein „zweites“ und „drittes“ Leben der von ihnen gelieferten Möbel. Durch die Zusammenarbeit mit non-profit Organisationen ist es möglich Gründerzentren, Firmen und staatliche Einrichtungen (wie Schulen) in Entwicklungsländern mit wiederaufbereiteten Möbeln (d.h. Möbel ein zweites Leben zu geben) zu versorgen.
 

Die Herausforderungen von Recycling

Wenn ein Möbelstück nicht mehr verwendet werden kann, werden seine Komponenten im Idealfall getrennt und wiederverwertet. Aber man steht immer noch vor großen Herausforderungen, wenn es um Abfallentsorgung und Recycling geht.
Zum Beispiel Einwegplastik führt zur Überlastung der Abfallverwertungsanlagen. Die Regierung sollte Recyclingmöglichkeiten schaffen bzw. erhöhen.
Das Recycling von Möbeln ist möglich, wenn überhaupt recycelbare Materialien für die Möbelherstellung verwendet wurden. Damit schließt sich der Kreis zum nachhaltigen Design in der Entwurfsphase und der Wahl von nachhaltigen Materialien für die Möbelproduktion. Je mehr recycelbare und/oder wiederverwertbare Materialien und Komponente für die Möbelherstellung verwendet werden, desto besser.
Immer mehr Käufer wollen ökologische Transparenz in Bezug auf Materialien und recycelbare Komponente. Die Hersteller reagieren darauf, aber der Prozess ist komplex. Auch beim Recyclingprozess selbst gibt es Umweltaspekte zu beachten.
Zum Beispiel können die Rückgewinnung und das Recycling von Materialien mit hohem Energiebedarf einhergehen, was bedeutet man muss abwägen, ob dies aus Umwelt- und Kostengründen Sinn gibt.
 

Innovative Lösungen

Einige Büromöbelhersteller spielen bereits eine wichtige Rolle Möbel ein „2. Leben“ zu geben. Wir müssen aber das Problem des hohen Verbrauches und Abfalls auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten.
Wir als Möbelhersteller tragen die Verantwortung für unsere Möbel und die Kunden für ihre Möbeleinkäufe.
Wir sprechen oft von den vier „R‘s“ der Kreislaufwirtschaft: Reduce (Reduzieren), Reuse (Wiederverwenden), Recycle (Recyceln/Aufbereiten), Recover (Verwerten). Lassen wir ein fünftes R einführen: Refuse (Ablehnen). Wir könnten vermeiden, Möbel mit geringer Lebensdauer herzustellen und damit verbundene globale Abfallproblem zu verschärfen.
Wir haben die Fähigkeit und Kenntnisse Möbel mit längerer Lebensdauer zu entwerfen, herzustellen und weiterzuentwickeln. Durch eine enge Zusammenarbeit mit den Kunden könnten Möbelhersteller den Produktlebenszyklus der Möbel nach Verlassen des Werkes optimieren. Wartung, Wiederaufbereitung, Redistribution/Rückholung und Recycling sollten in jedem Produktlebenszyklus eingeplant werden.
Es ist an der Zeit Möbel als „Dienstleistung“ in unserer Branche zu sehen. Jetzt ist der optimale Zeitpunkt sich damit zu befassen. Damit der „Herstellen-Benutzen-Wegwerfen“ Ansatz für gewerbliche Möbel der Vergangenheit angehört.        

Juni 2024

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